Dass es um das journalistische Berufsethos des Privat- und Schmuddel-Senders RTL noch nie besonders gut stand, dürfte in Deutschland eigentlich niemanden mehr überraschen. Das „Magazin“ RTL-Explosiv randaliert sich schon seit Jahren vollkommen anspruchsfrei und unseriös durch die Presselandschaft und schießt dabei in regelmäßigen Abständen über das selbstgesteckte Ziel des schlechten Geschmacks hinaus. Dieses Mal hat es uns Gamer getroffen. Der Beitrag zur diesjährigen gamescom ist nicht nur erschreckend dumm, sondern auch noch verdammt ärgerlich.
Vor dem Genuss des hier verlinkten Videos sollte man sich ein paar Dinge noch einmal ins Gedächtnis rufen. Die Produzenten dieses RTL-Explosiv-Beitrag verfolgen nur ein Ziel: reine Provokation. Das ist okay, denn mit nichts anderem - außer vielleicht noch Blut und Sperma – verdienen Formate wie dieses ihr Geld. Dass es aber innerhalb der Provokations-Agenda des Boulevards noch so etwas wie Regeln des Anstandes gibt, scheinen die Macher des Beitrags wohl vergessen zu haben.
Der von RTL-Explosiv angestrebte, ethnologische Versuch „den Gamer an sich“ zu kategorisieren ist jedoch nicht nur maßlos diffamierend (Stichwort „streng riechen“) und bisweilen ein gutes Stück jenseits der Grenze zum journalistischen Rufmord – es ist auch erschreckend, wie schlecht RTL recherchiert. Die Ressentiments und Vorstellungen, mit denen die RTL Reporter da über die Messe brandschatzen, hätte man gegenüber einem breiten Publikum vielleicht noch Ende der 90er legitimieren können; heute ist das allerdings nur noch peinlich. Doch auch wenn die Beitragsmacher jede einzelne Gaming-Studie und Umfrage der vergangenen 10 Jahre mit einer kinnladenöffnenden Ignoranz missachten, rechtfertigt keine Einschaltquote ein derartig unprofessionelles Vorgehen.
Beleidigender RTL-Dericht zur Gamescom 19.8.11
Der Beitrag selbst zeigt dabei noch am besten, wie sehr sich RTL mit seiner Berichterstattung ins Abseits stellt. Der „schwerbewaffnete und maskierte“ junge Mann, der gleich zu Beginn so schön suggestiv als tickende Amokzeitbombe dargestellt wird, ist zum Beispiel Altenpfleger. Wie fühlt sich wohl jemand, der einen der aufopferungsvollsten Berufe in unserem Land ausübt, sich dann in seiner Freizeit auf der gamescom mit Freunden trifft, nur um schließlich in aller Öffentlichkeit diffamiert zu werden?
Und so geht es weiter. Auf die Frage „Machst du dir Gedanken über dein Styling?“ mit dem Satz „Ich bin halt wie ich bin“ zu antworten, dürfte wahrscheinlich das reifste und selbstbewussteste Statement sein, welches man zu einer derartig beknackten Anmache entgegnen kann. Und könnte bitte jemand mal RTL weitergeben, dass es sich einfach nicht gehört, sich vor laufender Kamera über Jemand lustig zu machen, der einfach nur schüchtern ist.